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Stellungnahme zur Neukonzeption eines Berliner Jugendportals

Als Reaktion auf die Veröffentlichung des Konzepts für das neue Berliner Jugendportal, das im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in 2014 vom Institut für Kommunikation in sozialen Medien (ikosom) erstellt wurde, hat der Vorstand der LAG Medienarbeit eine Stellungnahme verfasst:

Stellungnahme zur Neukonzeption eines Berliner Jugendportals

Die LAG Medienarbeit bedauert, dass mit dem jetzt veröffentlichten Konzept des Berliner Jugendportals die Chance vertan wurde, gemeinsam mit den Berliner Institutionen der Medienbildung und Jugendpartizipation ein erfolgversprechendes Jugendbeteiligungsprojekt auf die Beine zu stellen. Das jetzt bereits in der Umsetzungsphase befindliche Jugendportal vernachlässigt unseres Erachtens zahlreiche für erfolgreiche Beteiligungsarbeit geltende Standards. U.a. wird auf die für uns entscheidende Einbeziehung bildungsferner Jugendlicher nicht eingegangen. Eine echte Beteiligung von Akteueren der Berliner Medien- und Jugendarbeit und von Jugendlichen hätte zu einem deutlich veränderten Konzept geführt.

Bevor wir im einzelnen auf Kritikpunkte am Konzept eingehen, möchten wir an dieser Stelle zunächst den Entstehungsprozess des Konzepts kritisieren.

Entgegen der Beschreibung im Konzept hat keine echte Beteiligung von Jugendlichen oder Stakeholdern stattgefunden. Trotz immer wieder bemühter Erklärungen es handele sich um eine offene Befragung, wurde nicht thematisiert, ob ein neu zu schaffendes Internetportal überhaupt sinnvoll ist, um Jugendbeteiligung unter Einsatz digitaler Medien zu fördern. Denkbar wären eine Vielzahl anderer Methoden, die teilweise seit Jahren in den Einrichtungen der Medienarbeit erfolgreich umgesetzt werden.

Per Postkarte konnten Jugendliche lediglich ihre drei Lieblingswebportale angeben, in der überwiegenden Mehrzahl wurden dabei Google, Youtube und Facebook genannt. Auch in der Befragung der Stakeholder, an der auch die LAG teilgenommen hat, wurde nur nach möglichen Inhalten eines Portals und der Zuarbeit durch die medienpädagogische Praxis gefragt.

Auf der anderen Seite wurden zahlreiche kritische Stimmen ausgeblendet und Warnungen ignoriert. So gab es bei der Präsentation der Befragungsergebnisse in der Jugendnetzbeiratssitzung am 9.7.2014 keine positiven Stimmen zu einem Portal.

Auch in den beiden Fachrunden vom 28.1.2014 und vom 16.6.2014 wurde deutlich, dass Jugendliche extra angelegte Portale nicht nutzen und Beteiligung ohne Beziehungsarbeit nicht möglich ist. Dafür ist ein Webportal nicht der richtige Ort. Verschiedene TeilnehmerInnen haben wiederholt auf die notwendige Verbindung mit Aktionen an realen Orten hingewiesen.

Die LAG Medienarbeit hat sich in dem im Oktober 2014 veröffentlichten Perspektivpapier zum Jugendnetz Berlin auch bereits mit der Idee eines Jugendportals beschäftigt. Zitat: “Verschiedene bundesweite Netzprojekte haben gezeigt, dass mit einer ausschließlichen Onlinepräsenz kaum Jugendliche für Beteiligungsprozesse gewonnen werden können. Gerade bildungsferne Zielgruppen benötigen die persönliche Ansprache vor Ort in ihrem direkten Umfeld. Insofern sollten Mittel für Jugendbeteiligung verstärkt in regionale Beteiligungsprojekte vor Ort und die hier erforderliche Begleitung durch qualifiziertes Personal in den Medienkompetenzzentren investiert werden.“

Auf der Abschlusstagung des Projekts „Youthpart“ im Dezember 2014 haben sich ExpertInnen wie Gesche Joost oder Franz-Josef Röll gegen neue Plattformen der Jugendbeteiligung ausgesprochen. Tenor war, dass Jugendliche dort beteiligt werden sollten, wo sie sich im Netz aufhalten. Beteiligte aus dem Youthpart-Projekt wie Eric Flügge von der Agentur S&N bestätigten, dass die extra geschaffene Plattform ypart.eu nicht besonders erfolgreich war. Anwesend waren auch der Jugendnetz-Projektverantwortliche und Vertreterinnen der Senatsverwaltung.

Mit der Veröffentlichung des Konzepts im Januar 2015 wurden zeitgleich die Stellen für die Projektdurchführung ausgeschrieben, so dass wir davon ausgehen, dass auch weiterhin keine Beteiligung gewünscht wird. Gerade bei einer solchen Projektgröße (die Projektmittel übersteigen sämtliche Gelder, die den Mekos in 2015 zur Verfügung gestellt werden, um das dreifache) hätte sich die Senatsverwaltung der Expertise der seit Jahren erfolgreich arbeitenden Einrichtungen der Medien- und Jugendarbeit bedienen müssen.

Vorstand der LAG Medienarbeit

Stand: 27.1.2015

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